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Mit Kostenrückerstattungs-Verfahren zum Therapieplatz

Vermutlich haben Sie es bereits häufig gehört oder erlebt: Es gibt viele Menschen, die dringend eine Therapie benötigen, aber die Wartezeiten bei kassenärztlich zugelassenen TherapeutInnen sind oft viel zu lang. In solchen Situationen kann das Kostenrückerstattungsverfahren eine wertvolle Lösung sein, um schnell und unkompliziert den benötigten Therapieplatz zu bekommen. Obwohl der Prozess komplex erscheinen mag, ist er durchaus machbar. Lassen Sie uns gemeinsam einen Blick darauf werfen, wie das funktioniert.

Was ist das Kostenrückerstattungsverfahren?

Das Kostenrückerstattungsverfahren für Psychotherapie ermöglicht es gesetzlich Versicherten in Deutschland, die Kosten für psychotherapeutische Behandlungen bei approbierten PsychotherapeutInnen ohne Kassensitz von ihrer Krankenkasse erstattet zu bekommen. Dies ist besonders relevant, wenn die Wartezeiten bei KassentherapeutInnen unzumutbar lang sind. Die Nutzung des sogenannten Kostenerstattungsverfahrens ist seit den Neuregelungen durch die neue Psychotherapie-Richtlinie von 2017 nach wie vor möglich und wird ähnlich gehandhabt wie bisher.

Schritt-für-Schritt-Anleitung

1.     Psychotherapeutische Sprechstunde
Vor Beginn der Therapie müssen Sie eine psychotherapeutische Sprechstunde besucht haben, um den Bedarf und die Dringlichkeit der Therapie festzustellen. Hierbei wird die Notwendigkeit und Dringlichkeit einer Behandlung geprüft und im Formular PTV 11 bestätigt. Keine Sorge, das erhalten Sie von der/dem TherapeutIn, ohne, dass Sie etwas tun müssen. Sprechstunden buchen Sie sich über Doctolib, einen Anruf bei der 116117 oder beantragen diese über Ihre Krankenkasse. Eventuell haben Sie bereits eine(n) privat niedergelassene(n) PsychotherapeutIn ins Auge gefasst. Auch diese(r) kann Ihnen unter Umständen das PTV11 ausfüllen.

2.     Nachweis der Bemühungen
Informieren Sie sich vorab bei ihrer Krankenkasse über die spezifischen Anforderungen und einzureichenden Unterlagen, da es keine einheitlichen gesetzlichen Regelungen gibt. Der/Die PatientIn muss meist nachweisen, dass er/sie trotz angemessener Bemühungen keinen zeitnahen Therapieplatz bei einem/einer zugelassenen PsychotherapeutInnen finden konnte. Dies umfasst die Dokumentation von Kontaktversuchen und Absagen - meist nach 5-10. Protokollieren Sie, wann und auf welchem Weg Sie bei VertragspsychotherapeutIn nach einem freien Therapieplatz angefragt haben und wie lange Sie bei ihnen auf einen Therapieplatz (nicht nur auf das Erstgespräch!) warten müssen. Eine Liste zur Dokumentation der Absagen kann hilfreich sein.

3.     Kontakt zur Terminservicestelle
Viele Krankenkassen verlangen, dass der Patientenservice 116117 der Kassenärztlichen Vereinigung kontaktiert wurde und keinen Therapieplatz vermitteln konnte. Ein Nachweis (meist ein informelles Schreiben mit Datum der Kontaktaufnahme) darüber ist notwendig.

4.     TherapeutInnensuche
Wenn alle von Ihrer Krankenkasse gewünschten Dokumente vorliegend sind, können Sie Ihre Suche auf privat niedergelassene PsychotherapeutInnen erweitern. Fragen Sie bei diesen für eine Psychotherapie mit dem Kostenrückerstattungsverfahren an. Viele bieten dieses ohnehin schon an. Diese Suche wird um einiges schneller gehen, als bei den kassenärztlich niedergelassenen KollegInnen.

5.     Beantragung der Kostenerstattung
Sie beantragen gemeinsam mit Ihrer TherapeutIn/ Ihrem Therapeuten die Kostenerstattung für außervertragliche Psychotherapie bei Ihrer Krankenkasse. Ihre Krankenkasse ist verpflichtet, innerhalb von 3 Wochen auf den Antrag der Vorgespräche und innerhalb von 5 Wochen auf den Antrag der Therapie zu reagieren. Sie können nach dem Gesetz zur Genehmigungsfiktion ansonsten davon ausgehen, dass die Kasse die Kosten übernimmt. Sobald die Kasse die Kostenerstattung bewilligt, können Sie mit den probatorischen Sitzungen beginnen.

Qualität und Kosten

Die Qualität der Behandlung im Rahmen des Kostenerstattungsverfahrens entspricht derjenigen bei zugelassenen PsychotherapeutInnen. Prinzipiell verfügen Psychologische PsychotherapeutInnen mit oder ohne Kassensitz über die gleiche, über die staatliche Zulassung zur Ausübung der Heilkunde (Approbation) geregelte Ausbildung. Es entstehen in der Regel keine finanziellen Nachteile für die Versicherten, jedoch ist es ratsam, sich vorab über die finanziellen Bedingungen zu informieren.

Warum gibt es die Kostenerstattung?

Grundsätzlich müssen gesetzliche Krankenkassen (GKV) eine flächendeckende, bedarfsgerechte und wohnortnahe Versorgung ihrer Versicherten gewährleisten. Darüber hinaus müssen sie rechtzeitig für die notwendige Behandlung ihrer Versicherten sorgen.

Falls Sie trotz angemessener Suchaktivitäten bei einem/einer niedergelassenen PsychotherapeutIn nur nach einer unzumutbar langen Wartezeit einen Therapieplatz finden, ist Ihre GKV nicht in der Lage, diesen gesetzlichen Auftrag zu erfüllen. In diesen Fällen haben Sie das Recht, sich die notwendige Leistung selbst zu beschaffen. Die Kosten, die Ihnen durch diese selbst beschafften Leistungen entstehen, muss die GKV erstatten. Dieser Anspruch ist in § 13 Absatz 3 SGB V gesetzlich geregelt und gilt gegenüber allen GKVen.

Generell gilt in diesem Zusammenhang allerdings, dass der/die PatientIn beim Kostenerstattungsverfahren belegen muss, dass er/sie sich vergeblich bemüht hat, einen Therapieplatz bei einem/einer niedergelassenen TherapeutIn mit Kassensitz zu finden.

Tipps für eine erfolgreiche Antragstellung

  • Dokumentation: Führen Sie eine detaillierte Dokumentation aller Kontakte mit TherapeutInnen und der Krankenkasse. Dies kann später hilfreich sein, falls es Unklarheiten gibt.

  • Geduld: Das Verfahren kann zeitaufwändig sein. Seien Sie geduldig und bleiben Sie hartnäckig, wenn es um Ihre Gesundheit geht.

  • Unterstützung: Holen Sie sich Unterstützung von Ihrem Arzt/ Ihrer Ärztin oder einem Beratungsdienst, wenn Sie Schwierigkeiten haben, die nötigen Unterlagen zusammenzustellen.

TDLR

Zusammengefasst bietet das Kostenrückerstattungsverfahren eine Möglichkeit, trotz langer Wartezeiten eine notwendige psychotherapeutische Behandlung zu erhalten. Mit der richtigen Vorbereitung und einer sorgfältigen Dokumentation der Bemühungen können Sie Ihre Chancen auf eine Bewilligung deutlich erhöhen und den Weg zu einer erfolgreichen Therapie ebnen.